Dienstag, 26 August 2014
09:15
Uhr
Die FDP will die Altersgrenzen für hauptamtliche Bürgermeister senken. Otto Steffen ist 81 und der am längsten amtierende ehrenamtliche Gemeindechef in Schleswig-Holstein. Ein Besuch in Wentorf
Keiner ist länger dabei als Otto Steffen. Der Bürgermeister von Wentorf (Kreis Plön) ist einer von zwei Gemeindechefs in Schleswig-Holstein, die am 4. April genau 48 Jahre im Amt sein werden. Und wenn einer etwas zu dem jetzt von der FDP in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf zur Aufhebung der Altersbeschränkungen für hauptamtliche Bürgermeister sagen kann – dann ist das der 81-Jährige. „Ich finde das völlig richtig, dass Ältere auch nach dem 68. Lebensjahr im Amt bleiben können“, sagt Steffen. Er ist zwar viele Wahlperioden ehrenamtlich tätig, aber mit Konflikten und den Wirren in der Kommunalpolitik kennt er sich genauso gut aus, schließlich ist Politik für ihn fast schon Beruf.
Wenn Steffen durch sein Dorf fährt, kann er zumeist nur mit eine Hand das Lenkrad halten. Mit der anderen grüßt er die Bewohner seines Ortes, der rund 1100 Einwohner zählt. „Als ich 1966 angefangen habe, waren es noch 300“, sagt Steffen, den der Zuwachs mit einigem Stolz erfüllt. Zum Lächeln bringt ihn eher das Kennzeichen seines Autos: PLÖ-BM 62. „Das haben die in der Kreisverwaltung gemacht. BM steht für Bürgermeister, 62 für das Jahr, in dem ich das erste Mal in die Gemeindevertretung gewählt worden bin“, sagt Steffen. Da war Konrad Adenauer noch Bundeskanzler und John F. Kennedy Präsident der USA.
Sie gibt es längst nicht mehr, Steffen ist nach wie vor voll da. „Ich habe nur Sachen gemacht, die für Wendtorf gut waren“, sagt er selbstbewusst als er seinen Wagen zur Marina steuert, die den Charme der 70er Jahre versprüht, 1972 wurde der erste Bauabschnitt fertig gestellt. Jetzt kämpft Steffen dafür, dass der zweite kommt, dort neue Ferienhäuser entstehen können. Er sei auf einem guten Weg, meint er zu dem Projekt, das ihn sein Leben lang begleitet hat. Vor den Hochhäusernverfallen ein Restaurant und ein Kiosk, der Bäcker hat nur vormittags geöffnet. Ein Holzhaus steht etwas windschief da. „Das wird alles noch richtig gut, wenn hier erst die Ferienhäuser stehen“, sagt Steffen. „Wir konnten dagegen nichts machen, weil der Gemeinde das Gebiet nicht gehört. Ich leide ja mit, wenn ich sehe, dass das hier nicht mehr so schön ist.“ Wer ihm zuhört, der weiß, dass Politik das Bohren dicker Bretter ist.
Er habe als Bürgermeister gelernt, dass es darauf ankomme, den Menschen zuzuhören. „Das rate ich auch jedem, der mit jungen Jahren in die Politik geht.“ Wer ein kommunalpolitisches Amt anstrebe, brauche vor allem eines: Zeit. Wie viele Stunden er in sein Ehrenamt gesteckt hat, weiß Steffen nicht. „Aber es war nahezu ein Fulltime-Job. Wenn meine Frau nicht immer hinter mir gestanden hätte, hätte ich den Job nicht machen können.“ Bei HDW in Kiel sei er jedenfalls schon mit 63 Jahren in Rente gegangen, weil er die Zeit für die Arbeit als Bürgermeister gebraucht habe.
Er habe stets darauf geachtet, die Interessen auszutarieren, sagt Steffen. Wer sich in Wendtorf umschaut, kann das nachvollziehen. Es gibt Naturschutzgebiete neben der Marina. Dazu viele Strände für Touristen, aber auch einen alten Ortskern. Naturschützer gegen Tourismusbefürworter, Einheimische gegen Zugereiste. Steffen ist ein bescheidener Ausgleicher, der nicht gern über Auseinandersetzungen spricht. Viel lieber erzählt er von Projekten, die er umgesetzt hat, etwa die Schaffung von zwei Parks, eines Campingplatzes oder des Naturerlebnispfades, der neben einem Spielplatz auch Erholung für die älteren Wendtorfer bieten soll. Aber wer Steffen nach seinem Lieblingsplatz in seinem Ort fragt, bekommt nur eine Antwort: „Am liebsten bin ich zu Hause.“
Von dort hat er viele Amtsgeschäfte geregelt, am wichtigsten seien aber die Gespräche draußen – mit den Bürgern. Es sei wichtig, dass man den Nachwuchs für die Arbeit in der Gemeinde gewinne. Jüngere könnten auf jeden Fall auch eine Gemeinde leiten und nicht wie es das Gesetz für hauptamtliche Bürgermeister und Landräte nur in Schleswig-Holstein noch vorsieht, erst ab dem 27. Lebensjahr, meint Steffen, der damit das bestätigt was viele Politiker im Landtag denken. Mit Ausnahme der CDU haben sich alle klar hinter den FDP-Vorschlag gestellt, der jetzt im Innen- und Rechtsausschuss beraten wird. Durch die Lockerung der Altersgrenze soll Politik attraktiver für den Nachwuchs werden. „Wir haben da in Wendtorf zum Glück keine Probleme“, sagt Steffen während er durch sein Dorf kurvt. Es gebe mehrere potenzielle Nachfolger für ihn, aber bislang sei er immer wieder vorgeschlagen und gewählt worden. Und wann will er aufhören? „Erstmal muss das mit der Marina auf die Schiene gesetzt werden“, sagt Steffen. Und als Antwort auf die Frage, ob es seine letzte Wahlperiode als Bürgermeister sei, hat er nur ein breites Grinsen übrig.
Quelle: http://www.shz.de/schleswig-holstein/politik/der-ewige-buergermeister-id5947181.html
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